50 Jahre HOG Sanktandres


September 2023. Vor genau 50 Jahren wurde die HOG Sanktandres gegründet. Ein schönes Jubiläum, das die Sanktandreser in ganz Deutschland nicht außer Acht lassen sollten. Es geht auf eine Feierstunde am 8. September 1973 im saarländischen Schwalbach zurück.
Dabei überreichte die Gemeinde den Sanktandresern eine offizielle Patenschaftsurkunde und erhielt im Gegenzug eine Sanktandreser Dankesurkunde. Der Schwalbacher Bürgermeister Dr. Nikolaus Fery hielt die Begrüßungsansprache und der Saar-Minister Dr. Rainer Wicklmayr die Festrede. An dem Festakt beteiligten sich der Musikverein „Harmonie“ Schwalbach, die Chorgemeinschaft 1891 Schwalbach, eine Banater Trachtengruppe, die Schwalbacher Blaskapelle und die Sängervereinigung „Einigkeit“, ebenfalls aus Schwalbach.


Auf Spurensuche in Schwalbach
Woher kommt die Verbindung zu Schwalbach? Jahre davor hatte der aus Schwalbach (Saar) stammende Oberregierungsrat Ferdinand Müller mit dem Banater Genealogen und Geschichtsforscher Karl Waldner an einer Geschichtsforschung gearbeitet, die eine Verbundenheit zwischen Schwalbach-Griesborn und der Banater Ortschaft Sanktandres (St. Andreas) aufzeigte. Daraus entstand im Jahr 1972 in Zusammenarbeit zwischen Müller, Waldner und Weber (ein gebürtiger Sanktandreser, der zur damaligen Zeit das Amt eines Oberstudiendirektors am Pfarrkirchner Gymnasium innehatte) der erste Band „Sankt Andreas“ aus der Buchreihe „Quellen zur Banater Siedlungs- und Familienforschung“. Man stellte fest, dass ab dem Jahr 1784 viele Schwalbacher ins Banat ausgewandert waren und in Sanktandres eine neue Heimat gefunden hatten. Die Familien Loris, Löw, Schäfer, Steinbrunn, Müller, Rupp usw. wählten damals diesen Weg der Auswanderung nach Sanktandres.
(Ahnendokument von Wilhelm Rupp zu Verfügung gestellt)


Anfang der 70er Jahre erschienen in der Lokalpresse Berichte zu dieser geschichtlichen Erkenntnis (z.B. Bericht „Eine Brücke zur angestammten Heimat”, 12.1.1972). Deshalb fasste der damalige Schwalbacher Gemeinderat den Beschluss, die Patenschaft über die Sanktandreser zu übernehmen. In einer Passage heißt es: „Mit diesem Beschluss bekundet die Gemeinde Schwalbach ihre stammesmäßige Verbundenheit mit den Bewohnern der Gemeinde Sankt Andres, ihr Verständnis für das Schicksal dieser Menschen und die Wertschätzung ihrer geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen.“

Auf Basis dieser Feierlichkeit in Schwalbach beschloss man, ab nun organisierte Treffen aller in Deutschland lebenden Sanktandreser zu veranstalten. Jedes zweite Jahr finden seither regelmäßig „Andreser Treffen“ statt. Gastgeber waren bisher die Städte Freiburg, Ingolstadt, Regensburg, Schwabach und neuerdings (2022) die Stadt an der Jagst, Ellwangen. Organisator der ersten Begegnung und auch Vorsitzender der ins Leben gerufenen Heimatortsgemeinschaft war Matthias Weber. Ihm folgten Franz Lay, Heinrich Janzer, Josef Goschy und seit 2019 Johann Janzer.

Die Suche nach Gemeinsamkeiten vor Ort
Seit dem ersten Treffen in Schwalbach 1973 sind nun 50 Jahre verstrichen. Aus welchem Grund auch immer, vielleicht durch den frühen Tod von Matthias Weber, vielleicht durch die Abänderung der Schwalbacher Gemeindebezirke in der zweiten Gebietsreform, eventuell auch durch die Interessenlosigkeit der jüngeren Generation beider Gemeinden an diese historische Gemeinsamkeit, geriet dieses Ereignis in Vergessenheit. Sicherlich spielte auch die strikte Blockade einer Annährung der Ortschaft Sanktandres im Banat zu der Schwalbacher Gemeinde, autoritär praktiziert von dem kommunistischen System vor 1990, eine große Rolle.
Aus Anlass des bevorstehenden Jubiläums entschied sich der Vorstand der Heimatortsgemeinschaft Sanktandres für eine erneute Kontaktaufnahme mit den Schwalbacher Behörden. Zunächst  versuchten wir schriftlich (per Email) wie auch telefonisch die öffentlichen Verwaltungen (Rathaus und Pfarramt) in Schwalbach zu kontaktieren. Unser Anliegen entpuppte sich als recht schwierig, da die Akteure des Festakts im Jahr 1973 heute nicht mehr leben. Herodot, ein antiker griechischer Geschichtsschreiber, Geograph und Völkerkundler, meinte: „Lasset nichts unversucht, denn nichts geschieht von selbst. Alles pflegt durch den Menschen zu geschehen.“ Ich ließ mich von dieser Aussage inspirieren und machte mich gemeinsam mit der Sanktandreserin Juliane Wolf (geborene Pless) – fast auf den Tag genau, am 12. September – auf den Weg zur Gemeinde rechts der Saar.

Zunächst fiel uns die Kirche in der Ortsmitte ins Auge. Ein imposantes Bauwerk. Die Kirche „Sankt Martin“ ist eine römisch-katholische Pfarrkirche und als Einzeldenkmal in der Denkmalliste des Saarlandes aufgeführt. Gleich daneben befindet sich ein Friedhof. Wenn man durch die Gräberreihen schaut, sind viele Namen zu erkennen, die auch auf dem Sanktandreser Friedhof auf den Grabsteinen eingemeißelt sind. Nicht zu übersehen, ist die Grabstätte des ehemaligen Bürgermeisters von 1973, Nikolaus Fery. Auf dem Friedhof an der „Herz Jesu“-Kirche begegneten wir Menschen, die wir nach dem Ereignis von 1973 befragten. Das Banat war den meisten Leuten unbekannt. Doch wir erhielten so manche guten Ratschläge für die weitere Recherche. Im Gemeindebezirk Elm sollte in der „Maria Himmelsfahrt“-Kirche am Abend noch ein Gottesdienst stattfinden. Dort mussten wir unbedingt noch hin, wollten wir doch mit einem Priester der Pfarrei „Herz Jesu“ von Schwalbach ins Gespräch kommen. Für Pfarrer Stoffel, den wir vor dem Gotteshaus begegneten, war „Sanktandres“ ein Begriff und er riet uns zu einem Pfarreibesuch am darauffolgenden Tag. Im Pfarrhaus erläuterte ich der aufmerksamen Sekretärin unser Anliegen. Sie versicherte uns, es dem leider an dem Tag abwesenden Pfarrer Müller zu übermitteln.

Kurz vor halb elf standen wir vor dem schönen Rathaus von Schwalbach, errichtet im Jahr 2005. Unseren Wunsch, ein Gespräch mit dem Bürgermeister zu führen, brachte ich bei dem sehr netten Empfangspersonal vor. Kurz danach standen wir im Amtsraum des Bürgermeisters Hans-Joachim Neumeyer, der von seinem Amtsleiter Markus Weber begleitet wurde. Der Bürgermeister konnte sich an den Festakt von 1973 noch gut erinnern, er war damals ein 15-jähriger Knabe. Für ihn waren die Banater Schwaben ein Begriff und er beschloss, sofort den Dialog mit uns Sanktandresern aufzunehmen. Markus Weber rollte eine Urkunde aus, die das damalige Ereignis belegte. Wir einigten uns, die Zusammenarbeit Schritt für Schritt wieder aufzubauen.
(s. Fotos Schwalbacher Rathaus)


Am Ende unseres Gesprächs erläuterte uns Markus Weber im Sitzungssaal des Gemeinderats das Gemeindewappen von Schwalbach im Detail. Die Kulturamtsmitarbeiterin Marylene Neu bat uns noch zu einem gemeinsamen Foto.
(s. Foto: Amtsleiter Markus Weber, Juliane Wolf, Johann Janzer und der Schwalbacher Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer mit einer Urkunde der damaligen Zeit)

Beitrag zur Heimatkunde


In der Schwalbacher Hauptstraße steht ein unauffälliges Gebäude mit der Inschrift: „Förderverein für Denkmalpflege und Heimatkunde Schwalbach e.V.“
Wir traten in die schlicht gestaltete Stube und trafen zwei Herren, die gerade ein Mittagsmenü zubereiteten. Jeden Mittwoch können sich hier die Bürger der Gemeinde für wenig Geld mit einem leckeren Essen verköstigen. An einem großen Tisch konnten wir kurze Zeit später mit etlichen Schwalbachern einen intensiven Dialog führen. Sie wunderten sich über unsere Geschichte. Sie staunten über unsere Gemeinsamkeiten. Wir nutzten auch die Gelegenheit, Herrn Kreutzer, ein Mitglied des Fördervereins, zu befragen. Er stöberte gleich im Archiv und zeigte uns Unterlagen von Bindungen zwischen den Schwalbachern und den Sanktandresern, auch den Zeitungsartikel von 1972.

Noch am selben Tag verließen wir das saarländische Schwalbach. Daheim angekommen, erreichte mich ein Schreiben vom Schwalbacher Bürgermeisteramt: „Danke für den spontanen Besuch und den netten Austausch.“ Ich bedankte mich nochmals bei der Gemeindeführung für das Entgegenkommen. Amtsleiter Weber schrieb im Auftrag des Bürgermeisters: „Ich darf Ihnen versichern, dass auch meinerseits der Austausch sowie Ihre Persönlichkeiten als angenehm und erfolgversprechend wahrgenommen wurden.“ (…) „Beste Grüße, alles Gute und in der Hoffnung auf eine Intensivierung des Kontaktes verbleibe ich mit freundlichem Gruß, Markus Weber.“ Die Geschichte einer Freundschaft, ein Stück Sanktandreser Geschichte, holt uns nach genau 50 Jahren wieder ein.
Schritt für Schritt soll unsere Gemeinsamkeit wieder aufblühen. Dafür sind wir der Amtsleitung des Rathauses sehr dankbar. Die Sanktandreser Heimatortsgemeinschaft scheint zu ihrem Jubiläum einem weiteren begrüßenswerten Ziel nähergekommen zu sein.

GLÜCKAUF!
Es ist ein Bergmannsgruß, passt zum saarländischen Schwalbach und ab nun auch wieder zu uns Sanktandreser.