Beerdigungszeremonie


Ein Sterbefall in der Familie war ein trauriges, oft auch ein schockierendes Ereignis, nicht nur für die engsten Familienangehörigen, sondern bedingt durch den sehr hohen Bekanntheitsgrad untereinander oft auch für die ganze Gemeinde. Die Nachricht über den Tod eines Gemeindemitgliedes hat sich sehr schnell, meistens von Mund zu Mund verbreitet. Spätestens nach dem ersten Ausläuten waren alle im Bilde und man wusste, wem die letzte Stunde geschlagen hatte.

In Fällen, in denen das Versterben eines Angehörigen vorhersehbar war, wurde meist auf Verlangen des Sterbenden der Pfarrer gerufen um die Heilige Ölung zu verleihen. Dabei hat der Geistliche tröstende Worte für den Sterbenden und die Angehörigen gefunden und durch Beten den bevorstehenden Schritt erleichtert. Wenn nun der Tod eingetreten war, musste zuerst der zuständige Arzt informiert werden, der den Tod offiziell feststellte und den Totenschein ausfüllte. Mit dem Totenschein hat man den Sterbefall beim Notar im Gemeindehaus melden müssen, wo dann auch die Sterbeurkunde angefertigt wurde. Mit der Sterbeurkunde ist man anschließend ins Pfarramt gegangen und hat da den Zeitpunkt für das Begräbnis besprochen.

Die “große Glocke”

Das Ausläuten war das Zeichen des gemeinschaftlichen Gedenkens an den Verstorbenen. Vom Eintreten des Todes bis zur Beerdigung wurde dreimal ausgeläutet. Das Ausläuten fand jeweils nach dem Mittagläuten und nach dem Abendläuten statt. Der Zeitpunkt des Versterbens hat somit maßgeblich den Zeitpunkt der Beerdigung beeinflusst. Wenn der Tod am Vormittag eingetreten war, konnte die Beerdigung am Nachmittag des darauffolgenden Tages stattfinden. Wenn der Tod erst am Nachmittag oder am Abend eintrat, war die Beerdigung erst am Nachmittag des übernächsten Tages möglich. Das Ausläuten hat auch Auskunft gegeben, ob es eine männliche, eine weibliche Person oder gar ein Kind zu betrauern gab. Bei Männern waren es 3 „Gsätzle“ die geläutet wurden, bei Frauen zwei und bei Kindern hat man die „große Glocke“ nicht getätigt. An der Kirche wurde zeitgleich mit dem ersten Läutvorgang die schwarze Fahne ausgehängt und mit weißer Kreide auf eine schwarze Tafel der Name und das Alter des Verstorbenen aufgeschrieben.

Die Toten wurden ausschließlich im Haus, gewöhnlich im vordersten Zimmer, aufgebahrt. Vom Leichenverein gab es dafür ein leicht zu montierendes Holzgestell, welches durch ein verziertes schwarzes Tuch überdeckt wurde. Auf dieses Gestell konnte nun die Totenlade (Sarg) mit dem Toten aufgebahrt werden. Auf der Gasse wurde eine schwarze Fahne mit einem weißen Kreuz meist an den Zaun befestigt. Dadurch konnten alle erkennen, wo ein Toter zu beklagen war und es gab jedem die Möglichkeit dem Toten die letzte Ehre zu erweisen.

Nachdem der Arzt den Tod bescheinigt hatte, wurde der Leichnam gewaschen. Diese Prozedur haben meistens die engsten, weiblichen Familienmitglieder durchgeführt. Das Bekleiden des Toten erfolgte in den oft schon vor langer Zeit zurückgelegten Sonntagskleidern. In der Zwischenzeit haben männliche Familienmitglieder das Unterteil des Sarges vom ansässigen Schreinermeister abgeholt und den Sargdeckel mit den gewünschten Verzierungen und der Beschriftung in Auftrag gegeben. Der Tote wurde in den Sarg gelegt und auf der Totenbahre abgestellt. Links und rechts waren Kerzen angeordnet und um den Sarg Blumen aufgestellt. Im ganzen Haus sind die Spiegel mit weißen Tüchern abgedeckt worden.

Es war Sitte, dass man den Toten nie alleine ließ. In der gesamten Zeit der Aufbahrung hielt man Totenwache. Es kamen Verwandte, Freunde, Nachbarn, Bekannte, die sich abwechselnd an der Totenwache beteiligten. Die Stimmung war gedrückt, gesprochen wurde nur im Flüsterton. Immer wieder wurde die Stille des Raumes durch das Beten des Rosenkranzes durchbrochen. Je nach Zeitpunkt des Todeseintritts hielt die Totenwache über eine oder zwei Nächte an.

Parallel zu den Aufbahrungsaktivitäten in der Familie hat der Leichenverein die Organisation der Beerdigung übernommen. Es ging dabei um das Ausheben der Grabstätte, um das Vorbereiten des Leichenwagens, des Pferdegespanns und des Kutschers.

Am Tag der Beerdigung haben sich Priester, Kantorin und Totengräber zum vereinbarten Zeitpunkt an der Kirche getroffen. Beerdigungen fanden meist nachmittags um 14:00 oder 15:00 Uhr statt. Ein kurzes Glockenzeichen gab der Gemeinde zu verstehen, dass der Priester mit Anhang in Richtung Haus des Verstorbenen aufgebrochen sind.

Am Haus des Verstorbenen hatten sich all jene versammelt, die den Trauerzug begleiten wollten. Es war üblich, sich von dem Toten durch ein kurzes Gebet am Sarg und dem Segen mit Weihwasser zu verabschieden. Danach wartete man auf das Eintreffen des Priesters und auf den Start der Trauerzeremonie. Auch der Kirchenchor hat sich zu diesem Zeitpunkt eingefunden und nach Eintreffen des Priesters um die Kantorin versammelt.

Die Trauerzeremonie startete nach dem Eintreffen des Priesters am Haus des Verstorbenen. Die Zeremonie fand bei jedem Wetter draußen im Hof statt. Ein herzzerreißender Moment war immer das Abdecken des Toten mit dem Sargdeckel, welches durch deutliches Wehklagen der Familienangehörigen begleitet wurde. Die darauffolgenden Hammerschläge haben die Endgültigkeit des Abschiednehmens unterstrichen und waren deutlich bis in den Hof zu hören. Der Sarg und die Totenbahre wurden im Hof aufgestellt, die Kränze um den Sarg angeordnet und der Priester eröffnete mit den Worten „Oremus pro fidelibus defunctis“ die Trauerfeier.

Folgende Lieder wurden wahlweise am Tor gesungen:
-Trauervolle Lebenszeiten
-Alle meine Lieben
-Nun hat die letzte Stunde geschlagen
-Alle meine Lieben hier
-Meine Lieblingsjahre sind geschlossen

Der Sarg wurde anschließend von den Totengräber auf den Leichenwagen geladen und mit seitlichen Schiebern gegen das Verrutschen festgemacht. Dies war, wegen den teilweise sehr schlechten Straßenverhältnissen im Ort, dringend erforderlich. Der Leichenwagen bot auch die Möglichkeit die Kränze zu befestigen. Langsam setzte sich der Trauerzug Richtung Friedhof in Bewegung. Angeführt wurde der Trauerzug durch zwei Buben, einer trug das große Kreuz der andere das kleine Kreuz. Es folgten alle Männer, der Kirchenchor, Pfarrer und Ministranten, der Leichenwagen, die Angehörigen und alle Verwandten, zuletzt die Frauen.
Eine Besonderheit war es , wenn die Trauerfeier durch die ortsansässige Blaskapell (Goschy-Kapelle) mit Trauerliedern und Trauermärschen begleitet wurde. Die geschah vorwiegend bei Verstorbenen in jüngeren Jahren.

Auf dem Weg Richtung Friedhof hat der Chor immer wieder die Psalmen angestimmt und die Frauen beteten den Rosenkranz. Mit dem Erreichen des Friedhoftores begann der zweite Teil der Zeremonie. Die Friedhofsglocke der Kapelle läutete von dem Eintreffen des Trauerzuges an der Friedhofspforte bis zum Zeitpunkt, in dem alle sich um die letzte Ruhstätte des Verstorbenen versammelt hatten. Der Chor sang auf dem Friedhofsweg „Im Paradies geleite Dich der Engel Schar“.

Der Leichenwagen fuhr mit dem Gespann so nahe es ging an das Grab heran. Die Kränze wurden entnommen und der Sarg vorsichtig durch alle vier Totengräber über dem Grab abgestellt. Als Auflage dienten zwei Holzstangen, die am Kopf- und am Fußende des Sarges positioniert waren. Bei schlechtem Wetter war der Untergrund sehr weich, was das Heranbringen des Sarges sehr erschwerte.

Folgende Lieder wurden wahlweise am Grab gesungen:
-Da unten ist göttlicher Frieden
-Mensch hast Du ein Leid zu tragen
-Trauernd steht ihr hier beisammen
-Alles schläft in totes Schlummer

Nach Fürbitten des Priesters und der Trauergemeinde haben die Totengräber den Sarg mittels zwei Seilen in das Grab heruntergelassen. Dieser Moment war vor allem für die nahen Angehörigen sehr emotional und herzzerreißend. Der Priester segnete das Grab und verabschiedete sich zusammen mit den Ministranten und dem Chor.  Anschließend verabschiedete sich die Trauergemeinde. Jeder trat einzeln ans Grab, segnete mit Weihwasser und warf Erde auf den Sarg. Danach löste sich die Trauergemeinde auf. Nur die Familienmitglieder und die nahen Verwandten blieben zurück und konnten verfolgen wie die Totengräber das Grab mit Erde wieder füllten. Die Kränze wurden auf das Grab abgelegt.
Der Verstorbene hatte seine letzte Ruhestätte erreicht.
Meist am Abend der Beerdigung fand ein Tieftrauerrequiem für den Verstorbenen statt.

Anfang der 1980 Jahren wurden die Aktivitäten bei Beerdigungen durch folgende Personen unterstützt und durchgeführt: 
Geistlicher: Dechant Karl Ritter
Andreser-Kirchenchor
Totengräber: Martin Hemmert, Anton Schlotter, Franz Neduhal, Anton Britz, Johann Plettlinger
Schreiner: Anton Heidecker, Nikolaus Roth, Stefan Senaschy, Jakob Reiter
Kutscher: Anton Noll, Cristea Gheorghe (Bebe)
Ministranten: Buben im Alter von 8-12 Jahren

An diesem Beitrag haben maßgebend mitgewirkt:
Anna Ehling, Barbara Jäger, Rosina Deschu, Heinrich Deschu, Brigitte Unterweger, Veronika Heidecker,  Anton Heidecker, Katharina Ludwig, Gerhard Ludwig, Heidrun Ludwig, Roland Ludwig