An die Sanktandreser Geschichte erinnert

Auftakt der Heimattage der Banater Deutschen 2025

Banater “Pipatsche”
(Bildeinsendung: Katharina Kruckenberger-Fira)

Ein Ambiente voller Schönheit, Zufriedenheit und Frohsinn zeichnete sich am 13. Juni 2025, an einem sommerlichen Vormittag, auf dem Domplatz – auch Piața Unirii (Einigungsplatz) genannt – ab. Vor allem Banater Schwaben waren es, die zu diesem Gotteshaus frohgesinnt eilten. Die Banater Musikanten spielten zum Auftakt der Heimattage der Banater Deutschen vor Temeswars Wahrzeichen – die Domkirche – emsig auf. Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Deutschen, eröffnete die diesjährigen Heimattage, die für das Wochenende vom 13. bis 15. Juni 2025 geplant waren. Sie standen unter dem Motto: Wir, im Wandel der Zeit.

Dr. Johann Fernbach: Eröffnung der Heimattage der Banater Deutsche 2025 in Temeswar

Sanktandreser Gechichtstag

Längst hatten viele Landsleute von nah und fern, Freunde sowie Geschichtsinteressierte erfahren, dass unweit vom Festplatz ein Bus steht, der um 12 Uhr eine Geschichtsreise tun wird. Der “Andreser Bus” strebte eine Zeitreise an, um die Ereignisse, die genau 110 Jahre zurückliegen, in Augenschein zu nehmen. Zwischen Temeswar und Sanktandres befinden sich heute noch Relikte von einem Luftschiffhafen. Dieses verwahrloste Flugfeld, das man trotzdem als “Geschichtsort” bezeichnen kann, war zu einer Besichtigung angedacht.
Davor fuhr uns der Reisebus zum Heldenfriedhof in der Lipovaer Straße.

Kranzniederlegungen auf dem Heldenfriedhof

In einem Karree stellten sich die zahlreich erschienenen Besucher vor dem Heldendenkmal der Revolutionäre von 1989 auf. Anwesend waren u. a. auch Frau Regina Lochner, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar; Peter-Dietmar Leber mit Gattin, Bundesvorsitzender der Banater Schwaben; Jürgen Harich, Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben; Frau Dr. Lilia Antipow, Leiterin des Sachgebiets Öffentlichkeits-, Medien- und Pressearbeit sowie der Bibliothek im Haus des Deutschen Ostens (HDO) München; Nikolaus Rennon, Vorsitzender des Banater Hilfswerks; Harald Schlapansky, Landesvorsitzender der Banater Schwaben in Bayern; und Karin Müller-Franzen, Vorsitzende der HOG Neubeschenowa. An diesem Denkmal ruhen Helden, die Rumänien verändert haben. Hätte es diese Helden für ein demokratisches Rumänien nicht gegeben, wären ein friedliches Miteinander und ein Akt der Versöhnung in diesem Ausmaß kaum möglich gewesen. “Wer mit offenen Augen durch die Welt läuft und ein Quäntchen Mut besitzt, kann die Erde zu einem besseren Ort machen”, und dies kann man an dieser Stelle wirklich nicht bestreiten, so der HOG-Vorsitzende von Sanktandres, Johann Janzer, in seiner Ansprache. Er legte im Namen der HOG Sanktandres einen Kranz nieder. Die Abschiedsmelodie “Il Silenzio” übertönte die Stille des Friedhofes.
Ein paar Meter hinter diesem Memorial befindet sich das Denkmal der verunglückten Luftschiffer von 1916. Die Uhren dieser Luftschiffer blieben auf 12 Uhr und 7 Minuten am 4. September 1916 nach einer kriegerischen Mission stehen. Hier wurden fünf der neun getöteten Besatzungsmitglieder der LZ 86 im September 1916 zu Grabe getragen. Vier Luftschiffer, darunter auch der Kommandant Walter August Wolff, wurden über Bukarest in ihre Heimat geflogen. Den Abschiedsbrief von Karl Wilhelms Reiner (Besatzungsmitglied 1916) las der HOG-Vorsitzende vor. Hier legten vertretend für das Deutsche Konsulat Frau Regina Lochner wie auch für die Heimatortsgemeinschaft Sanktandres Johann Janzer je einen Blumenkranz nieder. Zusammen mit dem Generalvikar der Temeswarer Diözese beteten die Versammelten für eine friedliche Welt. Dieser Moment war am heutigen Tage gegeben. Die HOG Sanktandres wählte für diesen Sanktandreser Geschichtstag bewusst das Motto: Wenn Geschichte die Gemeinschaft bindet und lag somit auf einem richtigen Weg.

Am Heldendenkmal 1989
Am Grab der verunglückten Luftschiffer

Ein Abstecher auf dem Flugfeld von 1915/1917

Von Temeswar kommend, gleich nach der “Spitz” (Abzweigung Arader Straße in die Sanktandreser Straße) links abbiegend, gelangt man auf einen “Hottar” (Acker), der fast einer Savanne ähnelt. Hohes Gras, Quecken und Disteln ringen hier um ihr Existenzrecht. Einen schmalen Feldweg musste der Bus bis zu einem Ruinenplatz bewältigen. Überreste vom Luftschiffhafen “Adebar” sind nach 110 Jahren noch deutlich zu erkennen.

Ehemaliges Lagerhaus gebaut mit Ziegelsteinen
Zusammengetragenes Restmaterial
Fundament für das Hangargerüst
Das Ausmaß des Hangars ist gekennzeichnet
Sanktandreser Lehrerinnen auf dem Luftschiffhafen
Frau Lochner (Konsulin) zeigt großes Interesse

Um das Ausmaß des Hangars (Länge = 180 m; Breite = 32 m) darzustellen, klopften am Vortag Juliane Wolf, Sorin Bălășoiu und der Verfasser dieses Beitrags unzählige Pflöcke in das Erdreich und spannten ein gut ersichtliches Band als Grundriss des damaligen Hangars. Der Ort des Hangars konnte fast genau ermittelt werden, sobald das Fundament mit den durchtrennten Stahlträgern noch zu erkennen ist. Das Interesse an diesem Geschichtsort war groß. Fragen über Fragen wurden gestellt. Der HOG-Vorsitzende versuchte so gut wie möglich über die Zeit des Luftschifftrupps LT 14 Auskunft zu erteilen.

Das Fest im Schulhof

Mit Blasmusik (Banater Musikanten) wurden die Gäste im Sanktandreser Schulhof empfangen. Ballone mit Zeppelin-Dekor ankerten an den noch zierlichen Bäumen. Die Schulleiterin, Cristina Andrea Mihai, und der HOG-Vorsitzende, Johan Janzer, begrüßten die zahlreich erschienen Gäste. Alle Mitgereisten plus noch zusätzlich Eingetroffene fühlten sich ersichtlich wohl.

Begrüßung im Schulhof
Gute Stimmung ist angesagt

Eine Gruppe von Sanktandreser Schülerinnen und Schüler sang unter der Leitung ihrer Musiklehrerin Lieder, speziell einstudiert für die angereisten Banater Schwaben aus Deutschland. Ein sehr herzlicher Empfang erwartete die ehemaligen Sanktandreser. Zwei Schülerinnen, die stolz die banat-rumänische Tracht trugen, interpretierten Lieder in Banater Dialekt (grai bănățean). Auch die singAndreser unter der Leitung von Heidrun Till sangen in einer kleinen Besatzung die Lieder “Gut wieder hier zu sein”, “Die Gedanken sind frei” und “Liebe Andreser bis zum nächsten Mal”.

Der Schulchor
Der Andreser Chor
Vortrag im Banater Dialekt

Für Speis und Trank war reichlich gesorgt. Lehrer Nelu Șufan organisierte die Bewirtung. Traditionsgemäß servierte man Gulasch und schenkte Bakowaer Wein aus, wie beim Empfang des ersten Zeppelins auf dem Sanktandreser Flugfeld im Jahr 1915. Frischgebackene Kipfeln verfeinerten das Menü.

Gut gekühlter “Vin de Bacova”
Angebot von frischen Kipfeln

Der Höhepunkt des Nachmittags dürfte die Enthüllung eines Modells des Liftschiffhafens “Adebar” gewesen sein. Die Schüler der Sanktandreser Schule unter der Leitung des Physiklehrers Oliviu B. Olariu haben einen Modell-Luftschiffhafen extra für die Ausstellung “110 Jahre Luftfahrtgeschichte im Banat” gebaut.

Ein Sanktandreser Landsmann, Willi Kumbach, konstruierte einen Zeppelin, ebenfalls für die Expo im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus.


Den Beteiligten ein anerkennendes Vergelt’s Gott!

Herzlichen Dank den Vorstandsmitgliedern der Heimatortsgemeinschaft Sanktandres und dem Chor, die im Banat tolle Arbeit geleistet haben!

Schule Sanktandres 2025

Auf dem Friedhof

Um 17 Uhr versammelten sich die Sanktandreser und ihre Gäste vor der schmucken Kapelle auf dem Friedhof. Johann Janzer erzählte von der Vergangenheit der Kapelle, die von Gräbern mit bunten Blumen einst umzingelt war. Diese Zeit wird nie wiederkommen. Denn kurz vor der Ausreise der Banater Schwaben errichtete man ein Betonfeld, um den Toten Schutz zu gewähren.
Heutzutage lässt die Gemeinschaft ein paar Mal im Jahr das Gras auf unserem “Freydhof” mähen. Das sind wir unseren Toten schuldig.
In den letzten zwei Jahren hat man die Kapelle im Innen- und Außenbereich sanieren lassen. Zahlreiche und größere Spenden haben es ermöglicht. Mit Dankesworten und schönen Kirchenliedern, gesungen von den Chormitgliedern in Begleitung von Akkordeonklängen, und mit einer Segnung der Kapelle von Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl, erwiesen wir unserer Kapelle und unseren Verstorbenen Hochachtung.

Vor der Friedhofskapelle

Es sind 90 Jahre seit der Priesterweihe unseres Heimatpfarrers Karl Stefan Ritter her. Er wirkte 34 Jahre als Priester in seinem Heimatort. Er ist “unsr Pharre” geblieben. Wir zündeten Kerzen an und legten einen Kranz auf der Grabstätte nieder. Möge er auch weiterhin in Frieden ruhen!

In Gedenken an Pfarrer Karl Stefan Ritter (Sanktandres)


Der Bus drehte noch eine kurze Runde durchs Dorf. Somit konnten einige Angereiste ihr Elternhaus wiedererkennen – oder vielleicht auch nicht. Wir kehrten anschließend in den Schulhof zurück und feierten bis zur Abenddämmerung den Sanktandreser Geschichtstag, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Einige Landsleute aus nah und fern begegneten sich nach vielen, vielen Jahren wieder. Festtagsstimmung. Den Teilnehmern war plötzlich bewusst: Der Sanktandreser Geschichtstag hat unsere Gemeinschaft gefestigt. Ein deutscher Unternehmer soll mal gesagt haben: „Man steht mit den Füßen auf den Schultern der Gemeinschaft.“

Sanktandreser Geschichte im Blickpunkt

Am 14. Juni 2025 wurde im Rahmen der Heimattage der Banater Deutschen die Ausstellung “110 Jahre Luftfahrtgeschichte im Banat” eröffnet. Es ist ein Projekt von Dr. Jörg Biber aus Dresden, dessen Vater in der Zeit von 1915 bis 1916 als Feinmechaniker beim Luftschifftrupp LT 14 auf dem Luftschiffhafen bei Sanktandres agierte, und Johann Janzer, Vorsitzender der HOG Sanktandres. Die Expo ist hauptsächlich auf Basis des Buches “Luftschiffe über dem Balkan 1915 bis 1918” aufgebaut.

Schon im Vorfeld der Eröffnung, am 12.6.2025, zeigten rumänische Journalisten Interesse an diesem Projekt der Luftfahrtgeschichte, das bis dato unerforscht war. Im Rahmen einer angesetzten Pressekonferenz zwei Tage vor der Vernissage hatte ich die Möglichkeit, Einzelheiten den interessierten Presseleuten zu erteilen.


Am Samstag, dem 14. Juni 2025, um 16 Uhr, im Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses wurde die sogenannte Zeppelinausstellung in einem vollbesetzten Raum eröffnet. Als Gäste konnte ich u. a. Siegfried Geilhausen (Vizekonsul der BRD in Temeswar), Dr. Paul Jürgen Porr (Vorsitzender des DFDR), Erwin Josef Țigla (Vorsitzender der Banater Berglanddeutschen), Dr. Lilia Antipow (HDO München), Peter-Dietmar Leber (Bundesvorsitzender der Banater Schwaben) mit Gattin, Jürgen Harich (Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben), Harald Schlapansky (Landesvorsitzender der Banater Schwaben in Bayern), Christine Neu (Vorstandsmitglied des Bundesvorstandes der Banater Schwaben), Karin Müller-Franzen (HOG-Vorsitzende Neubeschenowa) und Werner Griebel (HOG-Vorsitzender Lenauheim) begrüßen.
Für die Einleitung und für den Auftakt der Ausstellungseröffnung war der HOG-Vorsitzende Johann Janzer zuständig. Dr. Raluca Nelepcu (Journalistin) stellte das Buch “Luftschiffe über dem Balkan 1915 bis 1918” von Dr. Jörg Biber vor, der leider an diesem Tag aus privaten Gründen verhindert war. Er richtete jedoch eine Videobotschaft an das Publikum. Die Moderation der Veranstaltung hatte die Redakteurin von Radio Temeswar, Astrid Weisz, ebenfalls Journalistin, inne.

Radio Temeswar brachte am 18. Juni 2025 einen ausführlichen Bericht von diesem Ereignis, das wir Ihnen nicht vorenthalten möchten. Hören Sie mit!

Herzlich willkommen bei Radio Temeswar, 18.6.2025
Radio Temeswar, Kulturspiegel: Eröffnung Ausstellung

Anmerkung Ausstellungstafeln:

  • Die 110-jährige Luftfahrtgeschichte im Banat ist auf 24 Tafeln beschrieben.
  • Es wird angekündigt, wie es zu dieser Ausstellung überhaupt gekommen ist.
  • Die Entwicklung der Zeppelin-Luftschiffe ist aufgeführt.
  • Der Beginn der Luftfahrtgeschichte im Banat ist aufgezeigt.
  • Der Aufbau des Luftschiffhafens auf dem Sanktandreser/Neubeschenowaer Acker wird dargestellt.
  • Die LZ 81, Luftschiffankunft im Jahr 1915, ist ein Thema.
  • Die Einsätze der Luftschiffe werden aufgezählt.
  • Das Leben – auch das Privatleben – der Luftschiffer im Banat wird bekanntgemacht.
  • Die Aufgaben der Luftschiffer sind aufgezählt.
  • Eine Übersicht aller Luftschiffe, die im Banat gelandet sind, ist chronologisch aufgelistet.
  • Das Ende der Luftschiffära ist erläutert.
  • Dem Banater Flugpionier, Traian Vuia, ist eine Tafel gewidmet.
  • Eine berechtigte Frage wird gestellt: Was haben wir aus dieser Zeit der Fluggeschichte im Banat gelernt?
  • Das farbig betonte Titelbild soll die Devise “Wenn Geschichte die Gemeinschaft bindet” hervorheben und prägen.

Ein Gästebuch ist ausgelegt.
Kritik, Anregungen, aber auch Lob sind gefragt.

Begeistertes Publikum
Gruppenfoto der Gäste

Für Interessenten ist die Ausstellung weiterhin im AMG-Haus zu sehen; im September soll sie zu Schulbeginn in der Sanktandreser Schule gezeigt werden; später wird die Ausstellung im Haus des Deutschen Ostens in München gezeigt.

Die Veranstaltungen wurden von Institutionen und Vereine gefördert und unterstützt:

Herzlichen Dank!

Fotoquellen: Dr. Lilia Antipow, Cristina Mihai, Katharina Kruckenberger-Fira, Sorin Bălășoiu, Juliane Wolf, Johann Janzer

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