Banater Fluggeschichte im Rampenlicht

Durch die Veröffentlichung der Erlebnisse von Feinmechaniker Paul Biber als Luftschiffer beim Königlich Sächsischen Luftschifftrupp Nr.14 wurde ein neues Kapitel der Banater Geschichte insgesamt in einen wissenschaftlichen Blickpunkt gerückt. Mit LT 14 wurde erstmalig ein Trupp für Luftschiffe mit seinen umfangreichen Arbeitsaufgaben und speziellen Kommandos am Luftschiff vorgestellt und seine gesamte Einsatzzeit ausführlich dokumentiert.

Die fast unbekannte Luftschiffgeschichte über dem Balkan während des Ersten Weltkriegs wird nun in einem brandaktuellen Buch erzählt, das man seit heute – Herausgeber ist der Verlag MediaScript – unter ISBN 978-3-9822979-7-2 erwerben kann. Das sehr interessante Buch, das unsere Banater Geschichte hinsichtlich des Flugbetriebs wirklich explizit nichts außer Acht lässt, denn 8 Kapitel von 12 widmen sich dieser Gegend, deren Wurzeln wir doch haben. Besonders die erlebten Ereignisse unserer Großeltern als wahrhaftige Zeugen auf dem Sanktandreser und Neubeschenowarer Hottar, vor den Toren der Banater Landeshauptstadt Temeswar, sind in diesem Band hervorragend dokumentiert. “Luftschiffe über dem Balkan 1915 bis 1918” betitelt sich das Werk.


In dem neu erschienen Buch von Dr. Jörg Biber werden die Entstehungsgeschichte der Luftschiffertruppen aufgezeichnet, die Errichtung der Luftschiffhalle Sanktandres-Temeswar mit dem Ausbau aller Nebengebäude beschrieben und eine genaue Stationierungsbeschreibung des Luftschiffhafens, der unter dem Tarnnamen Adebar agierte, ausgiebig dargestellt. Die Landung der LZ 81 im November 1915 auf dem Banater Luftschiffhafen (damals Österreich-Ungarn, heute Rumänien), die durch die deutsche und rumänische Bevölkerung der damals banatschwäbischen Ortschaft euphorisch begrüßt wurde, findet eine detaillierte Beschreibung. Der gute Kontakt zu den Sanktandresern und anderen Bewohnern in der Umgebung, untermalt mit herrlichen Bildern, fotografiert von Paul Biber, belegen diese erfreuliche Tatsache. Die Feindfahrten mit der LZ 85, der Verlust der LZ 86 im September 1916, die letzten Aktivitäten der Luftschiffe auf dem Balkan, die Geschehnisse nach dem Kriegsende auf dem Luftschiffhafen in der Nähe von Sanktandres sowie das vorläufige Ende einer Zeppelin-Ära umfassen die wunderbare Darstellung dieser technisch progressiven Entwicklung in jener Zeit. Mit der Errichtung dieses Stützpunktes in  Szentandrás/Sanktandres/Sânandrei bei Temeswar kam es natürlich in der ganzen Umgebung zur Ansiedlung technischer Innovationen, die mit Sicherheit in der Region Banat genutzt wurden. Dem Vater des Autors dieses Buches, Paul Biber (*1891 in Dresden, † 1957 in Glashütte), der im August 1914 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, zwei Jahre als Mechaniker und Spezialist für Feinmechanik am Stützpunkt eingesetzt war, können wir diese geschichtliche Tatsache verdanken. Der Sohn, der Autor Dr. Jörg Biber, ein promovierter Naturwissenschaftler, öffnet hiermit eine hoch attraktive Sammlung mit beeindruckendem Bildmaterial und zahlreichen Informationen über Luftschiffe in der Zeit von 1915 bis 1918 in der Balkanregion.
Paul Biber widmet sich in seinen Aufzeichnungen hauptsächlich der Technik und dem friedlichen Leben auf dem Banater Stützpunkt. “Um seine Erlebnisse im Zusammenhang mit dem umfangreichen Bildmaterial richtig in die militärischen Zusammenhänge einzuordnen zu können, wurde neben verschiedenen Literaturstellen eine Erlebniszusammenstellung zu Hauptmann Max Macher (geb. in Kärnten/Österreich) einbezogen”, so der Autor dieses Buches. Es wurden auch Erlebnisse vom Kommandeur des Luftschiffhafen von Sanktandres, Kornel Poppe, genutzt. Ein Nachdruck des Artikels “Luftschiffhafen bei Sanktandreas” aus der Monatsschrift des Kultur- Erwachsenenbildungsvereins “Deutsche Vortragsreihe Reschitza” von Robert Leopold Fabry soll die Bewahrung der Geschichte vom Luftschiffhafen Temeswar konkretisieren. Der tschechische Historiker Jiří Ráčil suchte 2019 nach Fragmenten, die an die Existenz des Luftschiffhafens erinnern. Die von ihm aufgefundenen Gegenstände aus der Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts sind in dem Buch aufgelistet und dargestellt. Gewiss herrschte ein schrecklicher Krieg in jener Zeit, es wurde Blut vergossen – all das bezeugen die Gräber der Gefallenen verschiedener Nationen. “Im Krieg verlieren alle, auch der Sieger”, sagt eine wahre Aussage, die übrigens aus Schweden kommt.

Dieses Buch kann man als einen Schatz unserer Banater Geschichte bezeichnen. Ich kann nur noch einmal bestätigen: “Wer in der Zukunft lesen will, muss Vergangenheit blättern”, eine Weisheit des Franzosen A. Malraux (1901-1976). Dieses hier kurz vorgestellte Buch kann ich in allen Hinsichten nur empfehlen. Viele Tatsachen werden vor Augen geführt: U. a. wenn man glaubte, dass der erste Flughafen Temeswars im Jahr 1935 gegründet worden sei, so muss man diese Behauptung einfach ausklammern. Im Jahr 2025 kann die Banater Landeshauptstadt selbstsicher behaupten, seit 110 Jahren im Besitz eines Luftschiffhafens gewesen zu sein, und sie kann auch darauf hindeuten, eine der ersten Städte des Balkans gewesen zu sein, die seinerzeit mit einem derartigen progressiven technischen Fortschritt konfrontiert war. Zur Einordnung in die Luftschiffgeschichte gehört auch, dass Temeswar heute über einen modernen Flughafen verfügt. Dieser Airport wurde nach dem rumänischen Erfinder und Luftfahrtpionier Traian Vuia (geb. 1872 im Temescher Dorf Surduca Mic, gest. 1950 in Bukarest) benannt. Fotos vom heutigen modernen Temeswarer Flughafen sowie vom Flugmuseum im Kreis Temesch, die ich dieses Jahr vor Ort schoss, hat der Autor des Buches, Dr. Jörg Biber, in seinem Werk ebenfalls berücksichtigt. Wie Sie entnehmen können: In dem Buch bleibt keine Temeswarer Fluggeschichte unerwähnt. Viel Spaß beim Lesen. Eine Devise des Buches: “Geschichte lebt!”

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