Worschtkoschtprob 2024, gekoppelt mit einer Schweineschlacht

Traditionelle Erlebnisse wahrgenommen

Die I. Worschtkoschtprob im Banat


„Alte Heimat neu entdecken“, das war die Devise des Sanktandreser HOG-Vorstands, um Erinnerungskultur aufzufrischen und um neue Werte der heutigen Bevölkerung im Banat sowie neue Erkenntnisse auszukundschaften. Man wollte banatschwäbisches Brauchtum mit derzeitigem Wirken der heutigen Bewohner dieser Gegend vergleichen und erleben. Eines der besten Beispiele sollte eine Schweineschlacht – ein Ereignis zum Überleben während unserer Lebenszeit im Banat – als Darstellung dienen. So beschloss der Vorstand, eine Fahrt ins Banat zu organisieren, um dieser Thematik zielstrebig zu folgen. Da im Februar 2024 auch wieder die „Worschtkoschtprob“, ein Jahresfest der Banater Zeitung, angesagt war, sollte die Schlacht mit der diesjährigen Wurstverkostung in Lowrin gekoppelt werden.


Punkt 7 Uhr fanden sich einige Männer, die Sanktandres sehr nahe stehen, in Burghausen ein. Zeitlich in der Früh starteten sie im Februar 2024 in Richtung Südosten Europas. An der Tschanader Grenze winkten Grenzbeamten das Team durch. Am frühen Abend erreichten wir etwas erschöpft, aber trotzdem glücklich unser Domizil im nördlichen Temeswar.

Recht zeitlich fand sich die Sanktandreser Delegation im Lowriner Kulturhaus ein. Schließlich und endlich wollten auch wir Sanktandreser an dem Wettbewerb der besten Bratwürste teilnehmen.
Großer Andrang beim Jahresfest der BZ.
Fotos: Zoltán Pázmány

Mit zwei unterschiedlichen Sorten stellten die Sanktandreser sich der Konkurrenz. Sie präsentierten Andreser K&K-Bratwurst (Fleisch aus Österreich, Magyar-Paprika, Knoblauch aus Bruckenau und Sanktandreser Zubereiter: Heinrich Thernes, Jakob Lang und Hans Janzer) mit evangelischer und katholischer Bezeichnung. Die Letztere verspürte eine zusätzliche Würzung. Etwas Chili verfeinerte den Geschmack des Wurstgenießers.

50 Anbieter aus dem Banat und aus Deutschland boten ihre Würste an. Die zahlreichen Tischen im Kulturhaus waren aber auch mit anderen leckeren Esswaren gedeckt. Etwa 400 Teilnehmer besuchten das beliebte Fest der deutschsprachigen Zeitung ADZ/BZ.

Im Hof köchelte Kesselfleisch, das sich als sehr einladend erwies. Als Getränke diente vor allem hausgemachter Rot- und Weißwein und nicht zuletzt hochkarätiger „Raki“ (Schnaps). Während die Jury sich für eine gerechte Vergabe der besten Würste bemühte, erklang im Saal banatschwäbische Blasmusik und die dazugehörigen Volkstänze sorgten für gute Unterhaltung. Für diesen Programmteil waren die “Banater Blasmusik” aus Temeswar und die Tanzgruppe „Banater Kranz“ zuständig. Zuvor begrüßte aber der Redaktionsleiter der Banater Zeitung, Siegfried Thiel, seine Gäste. Auch Dr. Paul Jürgen Porr, der Vorsitzende des Deutschen Forums in Rumänien, Ovidiu Ganţ, der rumänische Parlamentarier für die deutsche Minderheit in Rumänien, Dr. Johann Fernbach, der Vorsitzende des Deutschen Banater Forums, Erwin Josef Ţigla, Vertreter der Banater Berglanddeutschen und nicht zuletzt die deutsche Konsulin Regina Lochner waren zugegen an dieser tollen und gut gelungenen Party. Ein Kompliment dem Organisationsteam! Dem Fest wohnten auch Frau Helen Alba (Gestalterin der BZ-“Pipatsch”) und Herrn Ignaz Bernhard Fischer (Vorsitzender des Landesvereins der ehemaligen Russlanddeportierten) bei.

Nach zwei Stunden guter Bewirtung wurden nun die Sieger verkündet. Der aus Ostern stammende Christoph Siller erhielt für seine Bratwurst den ersten Platz. Die Andreser gingen leider leer aus. Aber das Dabeisein, die Teilnahme, zeichnete sich schon als erfolgsversprechend aus. Olympische Ideale waren gefragt. Vor den gedeckten Bratwursttischen versammelte sich eine Schaar von Banater Schwaben, die gutgelaunt hin und her schunkelte. Ein Fest unter Freunden war es allemal.
Höre hierzu eine Reportage von Radio Temeswar (Sendung in deutscher Sprache vom 26.02.2024):

Ein geselliger Abend im “Del Vecchio”, beim Helmuth, in Temeswar, rundete den schönen Tag im Banat ab. Eine Gruppe von Banater Schwaben war unter sich. Mit viel Tratsch und Gesang wurde bis tief in die Nacht gefeiert.

Die Schweineschlacht im Banat

Eine Schweineschlacht wie anno dazumal wiedererleben, hieß die Devise der Sanktandreser Gruppe. Unser Landsmann Franz Wissenz hat uns bei diesem Vorhaben unterstützt bzw. dieses Ereignis möglich gemacht. An einem kalten Tag im Februar 2024, an einem frühen Morgen, hielt unser Fahrzeug in der „Strada Liniștei“, übersetzt: in der ruhigen Straße von Giroda. Ein unruhiges Gefühl herrschte in unseren Gemütern. Der Kleintransporter mit dem tierischen Opfer stand bereits im Hof des Metzgers Atilla. Die Flamme im nahestehenden Kesselhaus loderte und das Knirschen des Brennholzes konnte man hörbar wahrnehmen. Zunächst brachte man das Vieh auf die Waage. 125 Kilogramm wog das Schwein. Der schrecklichste Akt einer Schlachtung von einst kam hier nicht zum Ausdruck. Dank der heutigen Maßnahmen konnte Unmenschliches vermieden werden. Anders als dazumal auf den banatschwäbischen Höfen war das Brennen des Tieres vorgesehen und nicht das Brühen in der hölzernen Multer. Für die meisten Interessierten von uns war es eine Neuheit. Der erfahrene Fleischhacker zeigte uns das Tranchieren des toten Tieres in allen Einzelheiten. Gleich danach siedete das hergerichtete Fleisch im heißen Wasser des Kesselhauses. Das Kesselfleisch mit etwas Salz, mit frischem Weißbrot und „Murături“ (Gurken, Paprika, grüne Tomaten und Kraut in einer Salzlake) schmeckte vor dem nächsten Schlachtvorgang ganz köstlich.
Auch etwas gebratene Leber und bereits geräucherte Spezialitäten des Metzgers stillten unseren Hunger. Das Würstemachen (Blut-, Leber- und Bratwurst) sowie das Erzeugen von „Schwortlmoo“ (Schwartenmagen) nahmen wie geplant seinen Lauf. Durch das Brennen der Schweinehaut bestand zusätzlich die Möglichkeit, an dem Şoric (gebrannte Schwarte) zu knabbern. Den Zenerlingspeck bereitete der Metzger zu einer „Cuşă“ zu. Der gekochte Speck wurde bis zur Schwarte eingeritzt bzw. gewürfelt, dazwischen gemahlener Knoblauch verteilt und darüber Salz und Pfeffer gestreut. Zum Schluss erhielten die zwei Speckteller noch ein fabelhaftes Rot, denn der rote, etwas scharfe Paprika durfte wirklich nicht fehlen. Nachdem ein zweites Kesselhaus angeheizt wurde, leerte man den gewürfelten Speck in den Kessel. Dann warteten wir auf die golden gebratenen Grieben. Die Produkte wie Schmeer (Speck/Talg vom Schwein), die angeräucherten Würste, Presssack, Schmalz und die “Griewe” wurden temperaturgerecht verpackt und wurden zum Verspeisen am Sanktandreser Brauchtumsseminar in Bad Wurzach vorbereitet. Es wurde auch Fleisch als kleine Spende für die Küche des Seniorenheims im AMG-Haus von Temeswar hergerichtet und anschließend übergeben.

Nach einer knappen Woche trat die Sanktandreser Gruppe die Heimreise an. Mit viel Gepäck, das mit Banater Spezialitäten vollgestopft war, machte sich das Team in Richtung Westen auf die Heimreise. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Ungarn, um eine gut gewürzte ungarische Gulaschsuppe zu genießen, erreichten die Sanktandreser am frühen Abend die bayerische Stadt Burghausen. Ein traditionelles Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird.