Ereignisse, die sich in Sanktandres während der Agrarreform zugetragen haben
Aufzeichnung von Katharina und Gerhard Ludwig
Die Lage der deutschen Bevölkerung im Banat war zu jener Zeit katastrophal: die arbeitsfähigen Männer und Frauen wurden bereits im Januar 1945 ausgehoben und für ungewisse Zeit nach Russland verschleppt, um für den rumänischen Staat die Kriegsschulden abzuarbeiten. Im Mai 1945 war die bedingungslose Kapitulation Deutschlands im 2. Weltkrieg. Dies hat sich auf die ethnische Minderheit deutscher Nation in Rumänien sehr negativ ausgewirkt, auch sie waren als Kriegsschuldige abgetan und somit rechtlos. Nach der Übernahme der Regierung durch die kommunistische Partei gemeinsam mit der „Frontul Plugarilor“, die sich als Ziel gesetzt hatten die Reichen zu enteignen und es den Armen zu verteilen, wurde diesbezüglich das Gesetz der Enteignung aller Großgrundbesitzer zusammen mit den landwirtschaftlichen Geräten und Zugtieren erlassen.
In Sanktandres gab es keine Großgrundbesitzer, dafür aber vorwiegend deutsche Bauern, die Eigentümer des Ackerlandes waren, nun nach der Kapitulation zu den Verlierern des Krieges gehörten, also rechtlos und der Willkür der Machthaber ausgesetzt waren. Die Felder und Wiesen wurden neu aufgeteilt, es bekamen diejenigen, die im Krieg beim rumänischen Militär gedient hatten, sowie die Armen, die bislang als Tagelöhner und Knechte bei den Bauern waren.
In Sanktandres wurde zu diesem Zweck eine Kommission gegründet, die diese Aktion durchzuführen hatte. Richter der Gemeinde war zu jener Zeit Blagoer Milorad, der als Amtsperson der Kommission angehörte und auch bewaffnet war. Als Zugreifer und Hamsterer dienten die gewesenen Knechte, Tagelöhner und „Lunaparkbewohner“. Meine Frau- die Kathi- damals sieben Jahre alt, kann sich noch gut erinnern, wie die Bande auf ihren Hof kam, voran Milorad mit Gewähr, dabei waren noch: der Scheel Fritz, Dupa Lupa, Krumm Julian, einige „Lunaparker“ und viele mehr. Sie wollten unbedingt den „Grauen“ ein junges Pferd und den neuen Wagen meines Schwiegervaters. Bevor die Bande auf den Hof kam, man hat es ja durch Mundpropaganda rechtzeitig erfahren, hat die Großmutter dem Lutz Franz, damals etwa 15 Jahre alt, das Pferd gegeben, er soll eiligst durch den Garten das Tier nach Neubeschenova zum Raatz Pitt reiten, dort war es auch für einige Zeit in Sicherheit. Die Teile des Wagens hat die Großi unterm Bett versteckt und mit Decken abgedeckt. Aus den Zimmern durften die nichts nehmen.
Ein anderes Mal kamen sie wieder, die Großi war gerade beim Paradeiseinkochen, hat das Feuer ausgehen lassen, sich im Haus versteckt, die „dicke Tür“ zugemacht und abgewartet. Aber die Herrschaften hatten auch Zeit, haben sich aufs Gassenbänkerl gesetzt und gewartet; sich gedacht: die Wess Lissi muss doch heimkommen ihre Paradeis fertig machen; dann irgendwann gingen sie doch weg. Am nächsten Tag kamen sie aber wieder und haben die Großmutter bedroht. Die hat sie als Tagesdiebe beschimpft, die Lage ist eskaliert; die Großmutter klopft sich mit der Hand auf ihren Wertesten mit den Worten: „De to kriegt ihr den Graue“. Daraufhin hat Krumm Julian ihr eine mit seinem Gehstock über den Rücken geschlagen. Zur Einschüchterung hat man sie dann zusammen mit der Dürrbecks Wes Wawi, die sich auch unerschrocken gewehrt hatte, bei Phul Vetter Hans im Keller für einen Tag und eine Nacht eingesperrt.
Goschy Sepp, der damals in der Zigeunergasse wohnte, kann sich auch noch sehr gut an die Zeit erinnern, wie die Gruppe unter der Anführung von „Herrisch Budu“ in die Gasse kam, an den Höfen die Tore öffneten und nahmen, was ihnen so passte: Pferde, Kühe, Wägen, Pflügen und Eggen. Das enteignete Gut wurde im Gemeindehaushof zusammengetragen und unter der Leitung von Aron Matz (damals Vitzerichter) aufgeteilt.
Bei der Brandls ( Zornek ) Wes Nanschi hat man den Schweineschmalzeimer mitgenommen. Die Frau hat geweint und sie als Tagesdiebe beschimpft, wurde darauf vom Stingaciu noch geohrfeigt.
Die neuen Eigentümer hatten sich anfangs ganz „herrisch“ benommen: vierspännig mit der Federsitz durchs Dorf gefahren, haben gefeiert. Aber wie es dann zum richtigen Arbeiten kam, da haben die „Neubauern“ durchwegs versagt.
Sicherlich wären hier noch viele Episoden erwähnenswert, all die Menschen, die diese Zeit erlebt haben, könnten diesen Beitrag ergänzen.
Mögen wir solche Zeiten nie wieder erleben; Friede und Verständnis soll zwischen den Völkern herrschen.