Geschichtstag in Sanktandres (2025)

Auftakt der Heimattage der Banater Deutschen 2025

Pipatschemeer auf den Banater Feldern
Foto: Katharina Kruckenberger-Fira


Ein Ambiente voller Schönheit, Zufriedenheit und Frohsinn zeichnete sich am 13. Juni 2025, an einem sommerlichen Vormittag, auf dem Domplatz ab. Vor allem Banater Schwaben waren es, die zu diesem Gotteshaus frohgesinnt eilten. Die Banater Musikanten spielten zum Auftakt der Heimattage der Banater Deutschen vor Temeswars Wahrzeichen – die Domkirche – auf. Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Deutschen, eröffnete die Heimattage. Sie standen unter dem Motto: Wir, im Wandel der Zeit.

Eröffnung der Heimattage der Banater Deutschen 2025
Ansprache Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des DFDB

Der Sanktandreser Geschichtstag

Längst hatten viele Landsleute von nah und fern, Freunde sowie Geschichtsinteressierte erfahren, dass unweit vom Festplatz ein Bus steht, der um 12 Uhr eine Geschichtsreise tun wird. Der “Andreser Bus” strebte eine Zeitreise an, um die Ereignisse, die genau 110 Jahre zurückliegen, in Augenschein zu nehmen. Zwischen Temeswar und Sanktandres befinden sich heute noch Relikte von einem Luftschiffhafen. Dieses verwahrloste Flugfeld, das man trotzdem als “Geschichtsort” bezeichnen kann, war zu einer Besichtigung angedacht.
Davor fuhr uns der Reisebus zum Heldenfriedhof in der Lippaer Straße.

Kranzniederlegungen auf dem Heldenfriedhof

In einem Karree stellten sich die zahlreich erschienenen Besucher vor dem Heldendenkmal der Revolutionäre von 1989 auf. Anwesend waren u. a. auch Frau Regina Lochner, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar; Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Banater Schwaben mit Gattin; Jürgen Harich, Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben; Frau Dr. Lilia Antipow, Leiterin des Sachgebiets Öffentlichkeits-, Medien- und Pressearbeit sowie der Bibliothek im Haus des Deutschen Ostens (HDO) München; Nikolaus Rennon, Vorsitzender des Banater Hilfswerks; Harald Schlapansky, Landesvorsitzender der Banater Schwaben in Bayern; und Karin Müller-Franzen, Vorsitzende der HOG Neubeschenowa.


An diesem Denkmal ruhen Helden, die Rumänien verändert haben. Hätte es diese Helden für ein demokratisches Rumänien nicht gegeben, wären ein friedliches Miteinander und ein Akt der Versöhnung in diesem Ausmaß kaum möglich gewesen. “Wer mit offenen Augen durch die Welt läuft und ein Quäntchen Mut besitzt, kann die Erde zu einem besseren Ort machen”, und dies kann man an dieser Stelle wirklich nicht bestreiten, so der HOG-Vorsitzende von Sanktandres, Johann Janzer, in seiner Ansprache. Er legte im Namen der HOG Sanktandres einen Kranz nieder. Die Abschiedsmelodie “Il Silenzio” übertönte die Stille des Friedhofes.


Ein paar Meter hinter diesem Memorial befindet sich das Denkmal der verunglückten Luftschiffer von 1916. Die Uhren dieser Luftschiffer blieben auf 12 Uhr und 7 Minuten am 4. September 1916 nach einer kriegerischen Mission stehen. Hier wurden fünf der neun getöteten Besatzungsmitglieder der LZ 86 im September 1916 zu Grabe getragen. Hier legten vertretend für das Deutsche Konsulat Frau Regina Lochner wie auch für die Heimatortsgemeinschaft Sanktandres Johann Janzer je einen Blumenkranz nieder. Zusammen mit dem Generalvikar der Temeswarer Diözese beteten die Versammelten unter dem Motto Wenn Geschichte die Gemeinschaft bindet für eine friedliche Welt.

Auf dem ehemaligen Luftschiffhafen Adebar 1915/1917

Von Temeswar kommend, gleich nach der “Spitz” (Abzweigung Arader Straße in die Sanktandreser Straße) links abbiegend, gelangt man auf einen “Hottar” (Acker), der fast einer Savanne ähnelt. Hohes Gras, Quecken und Disteln ringen hier um ihr Existenzrecht. Einen schmalen Feldweg musste der Bus bis zu einem Ruinenplatz bewältigen. Überreste vom Luftschiffhafen “Adebar” sind nach 110 Jahren noch deutlich zu erkennen.

Restmaterial vom Luftschiffhafen
Ehemaliges Lagerhaus
Herumliegende Betonteile
Fundamentüberreste
Hangarmarkierung
Großes Interesse auf dem Flugfeld

Um das Ausmaß des Hangars (Länge = 180 m; Breite = 32 m) darzustellen, klopften am Vortag Juliane Wolf, Sorin Bălășoiu und der Verfasser dieses Beitrags unzählige Pflöcke in das Erdreich und spannten ein gut ersichtliches Band als Grundriss des damaligen Hangars. Der Ort des Hangars konnte fast genau ermittelt werden, sobald das Fundament mit den durchtrennten Stahlträgern noch zu erkennen ist. Das Interesse an diesem Geschichtsort war groß. Fragen über Fragen wurden gestellt. Der HOG-Vorsitzende versuchte so gut wie möglich über die Zeit des Luftschifftrupps LT 14 Auskunft zu erteilen.

Die Feier im Schulhof

Mit Blasmusik (Banater Musikanten) wurden die Gäste im Sanktandreser Schulhof empfangen. Ballone mit Zeppelin-Dekor ankerten an den noch zierlichen Bäumen.

Die Schulleiterin, Cristina Andrea Mihai, und der HOG-Vorsitzende, Johann Janzer, begrüßten die zahlreich erschienen Gäste.
Alle Mitgereisten plus noch zusätzlich Eingetroffene von hüben wie drüben fühlten sich ersichtlich wohl.

Eine Gruppe von Sanktandreser Schülerinnen und Schülern sang unter der Leitung ihrer Musiklehrerin Lieder, speziell einstudiert für die angereisten Banater Schwaben aus Deutschland. Ein sehr herzlicher Empfang erwartete die ehemaligen Sanktandreser. Zwei Schülerinnen, die stolz die banat-rumänische Tracht trugen, interpretierten Lieder in Banater Dialekt (grai bănățean). Auch die singAndreser unter der Leitung von Heidrun Till sangen in einer kleinen Besatzung die Lieder “Gut wieder hier zu sein”, “Die Gedanken sind frei” und “Liebe Andreser bis zum nächsten Mal”.

Der Schulchor
Vortrag in Grai bănățean
Andreser Singgruppe

Für Speis und Trank war reichlich gesorgt. Lehrer Nelu Șufan organisierte die Bewirtung. Traditionsgemäß servierte man Gulasch und schenkte Bakowaer Wein aus, wie beim Empfang des ersten Zeppelins auf dem Sanktandreser Flugfeld im Jahr 1915. Frischgebackene Kipfeln verfeinerten das Menü.

Gulasch mit Kneedle
Bakowaer Wein
Banater Kipfeln

Der Höhepunkt des Nachmittags dürfte die Enthüllung eines Modells des Liftschiffhafens “Adebar” gewesen sein. Die Schüler der Sanktandreser Schule unter der Leitung des Physiklehrers Oliviu B. Olariu haben einen Modell-Luftschiffhafen gebaut.

Der Weg zum Friedhof

Um 17 Uhr versammelten sich die Sanktandreser und ihre Gäste vor der schmucken Kapelle auf dem Friedhof. Johann Janzer erzählte von der Vergangenheit der Kapelle, die von Gräbern mit bunten Blumen einst umzingelt war. Diese Zeit wird nie wiederkommen. Denn kurz vor der Ausreise der Banater Schwaben errichtete man ein Betonfeld, um den Toten Schutz zu gewähren.
Heutzutage lässt die Gemeinschaft ein paar Mal im Jahr das Gras auf unserem “Freydhof” mähen. Das sind wir unseren Toten schuldig.
In den letzten zwei Jahren hat man die Kapelle im Innen- und Außenbereich sanieren lassen. Zahlreiche und größere Spenden haben es ermöglicht. Mit Dankesworten und schönen Kirchenliedern, gesungen von den Chormitgliedern in Begleitung von Akkordeonklängen, und mit einer Segnung der Kapelle von Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl, erwiesen wir unserer Kapelle und unseren Verstorbenen Hochachtung.

Es sind 90 Jahre seit der Priesterweihe unseres Heimatpfarrers Karl Stefan Ritter her. Er wirkte 34 Jahre als Priester in seinem Heimatort. Er ist “unsr Pharre” geblieben. Wir zündeten Kerzen an und legten einen Kranz auf der Grabstätte nieder. Möge er auch weiterhin in Frieden ruhen!

Der Ausklang

Der Bus drehte noch eine kurze Runde durchs Dorf. Somit konnten einige Angereiste ihr Elternhaus wiedererkennen – oder vielleicht auch nicht. Wir kehrten anschließend in den Schulhof zurück und feierten bis zur Abenddämmerung den Sanktandreser Geschichtstag, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Einige Landsleute aus nah und fern begegneten sich nach vielen, vielen Jahren wieder. Festtagsstimmung. Den Teilnehmern war plötzlich bewusst: Der Sanktandreser Geschichtstag hat unsere Gemeinschaft gefestigt. Ein deutscher Unternehmer soll mal gesagt haben: „Man steht mit den Füßen auf den Schultern der Gemeinschaft.“

Busfahrt durchs Dorf

Video dazu im Auftrag der HOG Sanktandres

Fotos vom 13. Juni 2025: Siegrun Jäger, Dr. Lilia Antipow, Karl Maiterth, Cristina Andrea Mihai, Juliane Wolf, Helene Bejenaru und Johann Janzer. Video: Karl Maiterth.