Wem einzig und allein die Hochsprache zur Verfügung steht, der ist arm, sprachlich unterbelichtet. Denn gerade der Dialekt stiftet heimatverbundene Identität. Wer seinen Dialekt gebraucht, trägt sozusagen seine Heimat auf der Zunge.
Ludwig Zehetner * 16.03.1939 in Freising, bayerischer Lehrer, Mundartforscher und Schriftsteller
Nach der Einnahme der türkischen Festung Temeswar im Jahre 1716 beauftragte der siegreiche Prinz Eugen von Savoyen den Grafen von Mercy mit der Errichtung und Verwaltung einer neuen kaiserlichen Provinz. Das Banat sollte besiedelt werden.
Von Ulm aus fuhren die Reisewilligen – Kolonisten aus dem Elsass, Lothringen, Saarland, Pfalz, Rhein- und Mainfranken, Hessen Thüringen, Luxemburg, Schwaben, Bayern und aus fast allen deutschen Gegenden Altösterreichs – mit den „Ulmer Schachteln“ auf der Donau über Regensburg nach Wien. Die meisten Zillen fuhren dann ins Südbanat, wo die Theiß in die Donau mündet. Die Weiterbeförderung nach Temeswar und Umgebung erfolgte gewöhnlich mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken. Die Herausforderung an die Siedler war groß. Mit viel Mut und Tatendrang errichteten sie Städte und Dörfer. Es entstand im Banat ein Stamm, genannt die Banater Schwaben. 1766 wurden auch Franzosen in Sanktandres angesiedelt. Die Mundarten der Siedler verschmolzen zum banatschwäbischen Dialekt.
Die Mundart ist eine besondere Form der Sprache einer Landschaft innerhalb eines Sprachgebietes im Gegensatz zur Standardsprache.
Die banatschwäbische Mundart
Gedichte (Audio) von und mit Helen Alba *Kling, Mundartschriftstellerin und Redaktion der Mundartseite “Pipatsch” in der ADZ/Banater Zeitung
Bucherscheinungen von Helen Alba:
E Schmunzle vun der Heed (1996) Mundart, Erzählungen
Lumpi der Ausreißer (1997) Geschichten für Kinder, hochdeutsch
De Schwob am Ruder (1998) Sammlung Kinderreime, Bauern- und Wetterregeln in Mundart
De Michl im Mond (2000) Mundart, Begebenheiten
Schwowischi Gsetzle (2008) Gedichte in Mundart
Die Grellekett (2015) Prosa und Gedichte in Mundart
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Die Mundarten sind lebendige Organismen und deshalb einem ständigen Wechsel und Wandel unterworfen.
Im Banat entwickelten sich im Laufe der Zeit verschiedene Heimatmundarten.
In unserer Ortschaft lebten und leben auch heute noch mehrere Nationen, die zur Gestaltung unseres Wortschatzes beitrugen.
Die Nationalitäten in Sanktandres in den Jahren 1880-2011 | 1880 | 1900 | 1930 | 1940 | 1977 | 2011* |
Deutsche | 2020 | 2468 | 1954 | 2096 | 1481 | 64 |
in Prozent | 76% | 70,50% | 79,50% | 79,70% | 44,20% | 1,12% |
Rumänen | 456 | 418 | 318 | 508 | 1783 | 5014 |
Ungarn | 32 | 90 | 26 | 65 | 94 | |
Slowaken | 1 | 2 | ||||
Serben, Kroaten | 12 | 32 | 15 | 12 | ||
Andere | 135 | 486 | 184 | 6 | 533 | |
Zusammen: | 2656 | 3496 | 2456 | 2630 | 3350 | 5717 |
*Gliederung: Sanktandres, Mercydorf und Kowatschi 2011 lebten 31 Deutsche im Ort Sanktandres |
Quelle: Heimatbuch Sanktandres, Heimatblatt (10), Sânandrei-DeAcademic, Radio Temeswar (germana@radiotimisoara.ro) und Primărie Sânandrei
Dabei entwickelte sich letztendlich der Andreser Dialekt.
Hier paar typische Beispiele unseres angeeigneten Wortschatzes:
- aus der Südwestpfalz/Lothringen: gewehn = gewesen
- aus dem Saargebiet: mir han = wir haben
- aus Luxemburg (moselfränkisch): soon = sagen
- aus Lothringen, Rheinpfalz: geprung = gebracht
- Rheinfränkisch: Breet = Brett
- Wienerisch: Pintschi = Narr
- Madjarisch: (betyar) Betjaar = Taugenichts
- aus dem Rumänischen: (pruna) Prunje = Pflaume
- aus dem Französischen: (canaille) Karnaali = Schimpfwort für böse Frau
- Serbokroatisch: (kotarka) Kotaarke = Maisspeicher