Auf den Spuren der Ahnen

Hans Metzger besucht mit Familienangehörigen das Dorf Ailringen im Jagsttal

Nach Eintritt in den Ruhestand hatte ich begonnen, meine Familiengeschichte zu erforschen und nach den eigenen Vorfahren zu suchen. Mit Hilfe der Familienforscher Nikolaus Horn und Alfred Selpal ist es mir schließlich gelungen meine Ahnentafel zu erstellen. Die Nachforschungen ergaben, dass die Metzgers aus Ailringen – heute Teilort der Gemeinde Mulfingen im Hohenlohekreis im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs – stammen.

Ailringen ist ein malerisches Dorf im Jagsttal. Von seiner Martinskirche überragt, zieht sich der 520 Einwohner zählende Ort an der Einmündung des Rißbachs in die Jagst die Talhänge hinauf. Seine urkundlich belegte Geschichte beginnt im Jahr 1054, als Kaiser Heinrich III. dem geächteten Pfalzgrafen Hermann von Luxemburg das Reichsleben „Adalringen“ entzog. Ab 1411 erwarb der Deutschorden schrittweise den ganzen Ort mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit. Bis 1784 war Ailringen auch Sitz eines Deutschordensamtes, 1790 erhielt es die Marktgerechtigkeit verliehen. 1806 fiel der Ort an Württemberg. 1972 wurde Ailringen nach Mulfingen eingemeindet.

Hier, in diesem kleinen, aber geschichtsträchtigen Ort wurde Johann Adam Metzger, mein ältester bekannter Vorfahre, im Jahr 1697 geboren. Er starb ebenda 1764. Mit drei Ehefrauen hatte er zwanzig Kinder. Das 18. Kind namens Johann Martin, geboren 1752 in Ailringen, war der Banat-Auswandrer, der in Warjasch angesiedelt wurde. Dessen Nachkommen kamen später über Gottlob und Mercydorf nach Sanktandres.

Foto: Die 1621 erbaute, dem heiligen Martin geweihte Kirche, thront über der Ortschaft Ailringen 

   

Da ich den Herkunftsort meiner Ahnen kennenlernen wollte, nahm ich Kontakt zum Ailringer Ortsvorsteher Bernhard Haag auf. Dieser meinte, für einen Besuch würde sich das Dorffest am 4. August 2019 am besten eignen. Meine Frau und ich sowie meine Schwester samt Tochter und Schwiegersohn machten uns neugierig und voller Erwartungen auf den Weg. In Ailringen wurden wir vom Ortsvorsteher sehr herzlich empfangen, wonach wir den Festgottesdienst beiwohnten, der im Freien am schönen alten Rathaus gefeiert wurde. Nach der heiligen Messe begrüßte Bernhard Haag die Besucher des Dorffestes und räumte auch mir die Möglichkeit ein, ein Grußwort zu sprechen – und dies mit der Begründung, dass zum ersten Mal Nachkommen von Auswanderen nach 300 Jahren nach Ailringen zurückgekehrt seien.

Foto: Die Metzgers mit Ortsvorsteher Bernhard Haag (2. von links) vor dem Rathaus von Ailringen

Später lernten wir auch den Betreiber des Metzgerschen Bauernhofes kennen, allerdings ein kleiner Hof mit 12 Hektar Land und schlechtem steinigem Boden. Beim Rundgang durch das Dorf konnten wir das 1579 erbaute Rathaus – ein Fachwerkhaus mit Arkaden – betreten und die katholische Kirche besuchen. Das Patronat über die dem heiligen Martin geweihte und 1292 erstmals erwähnte Kirche übte ab 1612 der deutsche Orden aus. Die heutige Kirche thront über der Ortschaft auf einem steilen Hügel und wurde 1621 als Wehrkirche im spätgotischen Stil erbaut. Eine Besonderheit weist der Friedhof an der Kirche auf. Auf allen Gräbern dieses denkmalgeschützten Friedhofs stehen einheitliche schlichte Holzkreuze, die sich nur von der Farbe her unterscheiden. Die weißen Kreuze sind für die ledig Verstorbenen, die Verheirateten bekommen ein braunes Kreuz. Auch der Blumenschmuck auf den Gräbern ist einzigartig: Er besteht ausschließlich aus „Gottesaugen“. Diese Einheitlichkeit und Schlichtheit soll verdeutlichen: Weder Rang noch Namen sind von offensichtlicher Bedeutung. Vor Gott sind alle gleich. Neben der Pfarrkirche und dem Rathaus zählt das Amtshaus zu den bedeutendsten historischen Bauwerken in Ailringen. Es wurde 1580/1600 vom Deutschorden mit Schmuckfachwerk in Renaissance-Stil errichtet, sein Charakter wird aber auch wesentlich von einer barocken Umbauphase geprägt. Das Amtshaus beherbergt heute ein nobles Hotel und ein Gourmetrestaurant.

Während unseres Aufenthaltes in Ailringen meldete sich auch ein Ahnenforscher bei mir. Vom Banat hatte er noch nie gehört, nur von Ungarndeutschen. Den Interessierten stellte ich Infomaterial über die Banater Schwaben und unsere Landsmannschaft zu Verfügung in der Hoffnung, dass jetzt einige Leute mehr wissen, wo das Banat liegt, dass es dort Nachkommen deutscher Auswanderer gab und dass auch der Name Metzger dort überlebt hat.  

Es war ein sehr emotionales Gefühl, in dem Rathaus zu stehen, in welchem auch unser Urahn stand, in der Kirche zu beten, in der schon unser Urahn seine Gebete verrichtet hat, durch das Dorf zu gehen, wo sich alle kennen, freundlich und hilfsbereit sind. Für uns war es ein unvergesslicher Tag, den man unter das Motto stellen könnte: Nur wer weiß, woher er kommt, weiß wohin er geht.  

Hans Metzger