Wenn man die Stadt Temeschburg auf der Staatsstraße 69 in nördlicher Richtung verlässt, erreicht man nach zehn Kilometern eine Straßenablegung. Rechts führt die Staatsstraße weiter in Richtung Arad. Links erreicht man nach weiteren zwei Kilometer das Dorf Sanktandres.
Sanktandres wurde von seinen Einwohnern einfach “Andres” genannt und war einer der als Banater Riesendörfer bekannter Ort. Sanktandres war sowohl von seiner Ausdehnung her als auch nach der Einwohnerzahl ein wirkliches Riesendorf mit mehreren tausend Einwohnern.
Die Banater Riesendörfer sind bei der Besiedlung durch die auswandernden Kolonisten aus Deutschland als deutsche Großdörfer entstanden. Sie wurden schon von den Feldvermessern des kaiserlichen Gouverneurs, Graf Mercy, als Großdörfer konzipiert und boten dadurch alle Voraussetzungen, sofort ein selbstständiges und lebensfähiges Eigenleben zu entwickeln.
Bevorzugte Bauweise waren Spitzdachhäuser mit dem Giebel zur Straßenseite. In jedem Frühjahr wurden die Häuser frisch geweißt und mit einem blauen oder braunen Sockel versehen. So sah das ganze Dorf blütenweiß, hell und freundlich aus. In die Giebelhäuser gelangte man von der Gasse aus durch eine Tür an einer Seite des Giebels auf den Gang. Der Gang, auch Laubengang genannt, war ein überdachter Flur der zur Hofseite offen war. An der offenen Seite wurde das Dach durch eine Pfeilerreihe abgestützt.
In der letzten Zeit erbaute Häuser hatten auch schon andere Formen, aber die überwiegende Mehrzahl besonders die Bauernhäuser, hatten das beschriebene Aussehen. Alle Grundstücke waren an der Straßenseite von Bretter-oder Lattenzäunen begrenzt, die ebenfalls immer frisch geweißt oder gestrichen waren.
Ein Schwabendorf im Banat machte stets einen hellen, weiten und sauberen Eindruck. Der ganze Stolz und Ehrgeiz der Banater Schwaben lag darin, dass man beim Betreten des Dorfes sofort erkannte, dass es ein deutsches Dorf war. Die Einwohnerschaft des Dorfes war sozial streng gegliedert. An der Spitze stand die zahlenmäßig recht kleine Dorfintelligenz oder “Herrische” wie sie genannt wurden. Zu ihnen zählten Lehrer, Kindergärtnerinnen, Arzt, Apotheker, Pfarrer, Postmeister, Notar und noch einige andere aus dem Verwaltungs-und Angestelltenbereich.
Im Dorf gab es alle erforderlichen Institutionen und Einrichtungen, so dass es in seiner Gesamtheit eine geschlossene, selbstständige und lebensfähige Kommune bildete.
Im Zentrum des Dorfes stand die weithin sichtbare, große katholische deutsche Kirche.
Im Zentrum um die Kirche befanden sich das Gemeindehaus (Rathaus), die Schule, das Pfarrhaus, der Kindergarten, Arztpraxis, Apotheke, Gendarmerie und die Post.
Gegenüber der deutschen Kirche stand das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges. Vierundsechzig Namen waren darauf eingemeißelt. Links vom Kriegerdenkmal stand eine kleine Kapelle mit einer Statue der heiligen Maria und nebenan ein Kreuz mit Jesus Christus.
Solche kompakte Eigenständigkeit in einem Dorf ist wahrscheinlich ein besonderes Merkmal deutscher Siedlungsgebiete in einem fremden Land.
Prof. Heinrich Lay, Sanktandreser, Historiker und Banater Heimatforscher
Impressionen aus Sanktandres: